Nach 3 Jahren Pause haben sich heuer wieder Musikerinnen und Musiker aus dem gesamten Regierungsbezirk getroffen, um als Bezirksorchester der Oberpfalz gemeinsam ein anspruchsvolles Konzertprogramm auf die Bühne zu bringen. Musikerinnen und Musiker aus 37 Musikvereinen fanden sich am Faschingsdienstag im Haus der Begegnung in Ensdorf ein und begannen dort unter der Leitung von Oberstleutnant Dr. Tobias Wunderle mit den Proben für ein Abschlusskonzert, das am Samstag, den 25.02., in Parsberg stattfand.
Die Probenphase in Ensdorf ist kurz und intensiv: nach dem Frühstück wird von 9 -12 Uhr geprobt, nach dem Mittagessen geht es weiter bis zur Kaffee- und Kuchenpause, die das Nachmittagstief kurzfristig bekämpft. Nach weiteren 2 Stunden Probe gibt es Abendessen und danach: nochmal Probe!
Der zweite Tag ist den Satzproben gewidmet, da kommen externe Dozenten und hören alle falschen Einsätze und Töne, die im Gesamtverbund noch nicht so auffallen…
Alle Teilnehmer wissen in etwa, was auf sie zukommt, aber trotzdem - oder gerade deswegen - finden sich immer zahlreiche Musiker am Faschingsdienstag ab 8:00 Uhr im Haus der Begegnung in Ensdorf ein, packen Koffer und Instrumente aus und spielen das, was ihnen gesagt wird. Hier treffen sich alte Bekannte, werden Freundschaften aufgebaut und vertieft, werden Erfahrungen ausgetauscht und neue Ideen entwickelt. Die gemeinsam verbrachte Zeit während, zwischen, nach und vor den Proben schweißt zusammen und formt nach wenigen Tagen ein Orchester, das Erstaunliches leisten kann.
Dr. Tobias Wunderle ist kein Unbekannter beim Bezirksorchester, bereits von 2011 - 2013 arbeitete er mit Musikerinnen und Musikern aus der Oberpfalz zusammen und traf manche von Ihnen heuer wieder. Dieses Jahr leitete er 60 Musiker von 17 - 66 Jahren und übernahm ganz kurzfristig auch noch die gesamte Probenarbeit. Bezirksdirigent Toni Lottner war als Co-Dirigent für die Hälfte der Stücke vorgesehen, fiel aber krankheitsbedingt aus.
So wurde aus der geplanten „entspannten“ Probenwoche für Tobias Wunderle nichts, musste er sich doch noch in weitere Partituren vertiefen und zudem am Registerprobentag neben den Posaunen auch die Trompeten übernehmen. Die Tuben übten unter der Leitung von Frank Feulner, Stefan Neger arbeitete mit den Klarinetten, Steffi Rumpler - ehemals auch aktiv im Bezirksorchester - mit den Saxofonen und Eduard Ablyakimov war für die Querflöten zuständig. Leszek Waskowski probte mit den Hörnern und Richard Hauser mit den Tenorhörnern. Das Schlagwerk wurde von Florian Beer angeleitet.
In der Folgezeit konnte von Probe zu Probe eine Verbesserung des Gesamtklangs bemerkt werden, manchmal wurde das Orchester dann auch aufgeteilt und nur bestimmte Register probten für eine begrenzte Zeit gemeinsam. Die Musiker, die währenddessen „frei“ hatten, nutzten die Zeit meist zum Ausruhen. Auch stieg die Quote für Mittagsschlaf im Lauf der Probenphase stetig an - und das obwohl laut offiziellen Aussagen alle brav um 22 Uhr im Bett waren. Geprobt wurde meist bis 21 Uhr, aber danach leerte sich der Musiksaal oft noch nicht: die Noten zu „Gelato con caffé“ wurden aufgelegt und dazu (ohne Dirigat) gejammed.
Als schwierigstes Stück erwies sich „Gloriosa“, mit fast 20 Minuten auch das längste des gesamten Programms. Hier gibt es für alle Instrumente oft und viele Pausen, also muss immer konzentriert mitgezählt werden, zumal die Einsätze sich nicht unbedingt erschließen, wie man das von traditioneller Blasmusik gewohnt ist. Der ganz besondere Reiz dieses Stücks liegt auch darin, dass man als Musiker meist nur die Nebenleute hört und einem dadurch viele Feinheiten und Effekte nicht bewusst sind. Hier ist absolutes Vertrauen zwischen dem Dirigent und Orchester gefordert, was dieses Stück sehr spannend macht.
Das Konzert in der Mehrzweckhalle Parsberg wurde von etwa 300 Zuhörern besucht. Der Bezirksvorsitzende Gerhard Engel begrüßte nicht nur Vertreter aus der Lokalpolitik wie die Bezirkskreisrätin Frau Gabriele Bayer, sondern auch zahlreiche Mitglieder des Nordbayerischen Musikbundes und angrenzender Musikvereine. Er freute sich, nach 3 Jahren wieder ein Bezirksorchester präsentieren zu können.
Gleich bei der Konzerteröffnung mit „From Crystals and Eagles“ von Thomas Doss konnten sich die Zuhörer mit dem ausgewogenen symphonischen Klangkörper vertraut machen, der in der kurzen Probenphase von nur 4 Tagen entstanden ist.
Das anspruchsvolle und abwechslungsreiche Programm wurde von Tobias Wunderle den Zuhörern kurzweilig vermittelt. Der qualifizierte Konzertmoderator weiß: wer Entstehung, Charakter und Ablauf eines Musikstücks kennt, hört besser. So erfuhr das Publikum beispielsweise, dass Marschmusik aus anderen Ländern ganz anders klingen kann und sich auch mit Elementen von Choral („March Willing and Able“ von Satoshi Yagisawa) und Tanzmusik („O Vitinho“ von Francisco Marques Neto) gut verträgt.
„Gloriosa“ von Yasuhide Ito wurde vom Dirigenten als moderne Komposition angekündigt, die auch den Zuhörern einiges abverlangt. Hier waren alle Register gut gefordert und im aufmerksamen Publikum herrschte auch absolute Ruhe während der Aufführung. Das Werk skizziert das Christentum in Japan, zu hören gibt es unter anderem einen Choral, der von den männlichen Musikern gesungen wird, ein überaus souveränes Flötensolo und meditative Glockenklänge. Die intensive Arbeit an dem Stück hatte sich gelohnt und mit lang anhaltenden Applaus wurden die Musiker in die Pause entlassen. In dieser verliess übrigens auch niemand entmutigt oder entnervt den Saal, wie Wunderle bei der Anmoderation der zweiten Konzerthälfte erfreut anmerkte.
Naturerscheinungen sind ein beliebtes Thema der symphonischen Blasmusik, so auch bei „The Falls“ von Rossano Galante. Hier setzte das Orchester Wasserfälle in viel Ton und Harmonie um und bei der „Sunset Serenade“ von Thomas Doss sorgte ein eindrucksvolles Crescendo für Gänsehaut beim Publikum.
Tanzmusik ist ein weiteres Spektrum, das natürlich auch an diesem Abend nicht fehlen durfte. Die Verbindung europäischer Melodien mit amerikanischen Rhythmen vollzieht Adam Gorb in „Eine kleine yiddishe Ragmusik“ und hier glänzte vor allem das Holzregister mit Solisten an Querflöte, Oboe und Saxofon.
Der „Symphonic Dance No.3 Fiesta“ von Clifton Williams und der Samba „Gelato con caffé“ von Toshio Mashima mit E-Bass und ausgiebigem Percussions Teil brachten die Zuhörer zum Mitwippen.
Stimmig beschlossen zwei Zugaben den großartigen Konzertabend und damit auch die Probewoche des Bezirksorchesters: beim „Abendmond“ von Thiemo Kraas wurde der schon aufgegangene - aber hinter Schneewolken verborgene - Mond gewürdigt und beim Trio des deutsch-österreichischen Marsches „Alpenwelt“ von Anton Ulbrich durfte endlich auf die 1 und 3 mitgeklatscht werden.
Als Sprecher der Musiker gestand Thomas Prechtl augenzwinkernd ein, dass sich die Bettgehzeit manchmal um 15 Minuten nach hinten verschoben hatte, was natürlich eine gewisse Müdigkeit mehr als erklärt. Er hob in seiner Dankesrede noch einzelne Personen hervor, die bei der Planung und Durchführung der Probenphase samt Konzert erheblich mitbeteiligt waren:
- Toni Lottner leistete sehr viel Vorarbeit in der aufwendigen Organisation, leider konnte er dann krankheitsbedingt den Erfolg seiner Arbeit nicht unmittelbar erfahren.
- Magdalena Prechtl fungierte als Mittlerin zwischen den Bedürfnissen der Musiker und den Regeln des Hauses der Begegnung. Sie wurde besonders gewürdigt für das harmonische Zusammenwirken von Personal und Musikern.
- Peter Hirscher aus Nürnberg nahm mit seinem mobilen Aufnahmestudio „more Recording + Production“ wieder kostenlos die Musik auf und stellte den Mitschnitt - wie schon in den Vorjahren - den Musikern zur Verfügung.
- Tobias Wunderle leitete die Proben mit unvergleichlicher Freundlichkeit und Gelassenheit und sorgte so für eine stets angenehme Probenatmosphäre.
Als musikalischer Leiter hob Tobias Wunderle in seinem Schlusswort Toni Lottner’s Arbeit in der Vorbereitung noch einmal besonders hervor, weil ihm so der Rücken von jeglicher Organisationsarbeit frei gehalten wurde und er sich voll und ganz auf die Musik konzentrieren konnte. Die Arbeit mit dem Orchester habe er genossen und er wäre gerne bereit, wieder in die Oberpfalz zu kommen, was von Seiten der Musiker und des Publikums mit großem Applaus quittiert wurde.
Am Ausgang und bei der Verpflegung wurde Spenden gesammelt, die teils dem Bezirksverband Oberpfalz im Nordbayerischen Musikbund und teils dem gemeinnützigen Taha-Schul-Projekt zu Gute kommen.
Taha ist ein Ort im Norden Ghanas und der Verein Taha-Schul-Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, dort eine weiterführende Schule zu bauen, in der Jugendliche ihre Schulausbildung erfolgreich abschließen können. Das erste Klassenzimmer für 40 Schüler steht bereits und wird intensiv genutzt. Weitere Bauten sind in Planung, der Unterricht und das Lehrmaterial werden ebenfalls über Spenden finanziert. Alle Vereinsmitglieder arbeiten ehrenamtlich, beim Konzert sorgten sie für die Verpflegung von Musikern und Zuhörern.