Der NBMB arbeitet weiter an der Zukunft

Der NBMB stellt sich aktiv den Herausforderungen der Zeit und arbeitet an der Zukunft. Dieses Signal sandte ein Zukunftskongress Mitte September in Bamberg aus. Es blieb aber nicht beim Signal: Heraus kamen auch konkrete Projekte.

Quelle: Martin Hommer, 17.10.2022
Eine große Gruppe Menschen sitzt in einem großen Raum in einem Halbkreis. Ein Mann steht davor und spricht.
Beim Zukunftskongress des NBMB wurden gemeinsam Ideen entwickelt, wie die Musikvereine bestmöglich unterstützt werden können.

Nachdem im Strukturprozess »No aweng besser wern« vor einiger Zeit bereits etliche Weichen für den Weg in eine erfolgreiche Zukunft gestellt worden waren, stellte unter anderem die Corona-Krise die Blasmusikszene und damit auch den Nordbayerischen Musikbund vor ganz neue Herausforderungen. »Es ist eine schwierige Zeit, nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen anderen Schauplätzen auf der ganzen Welt«, gab NBMB-Präsident Manfred Ländner den knapp 50 Kongressteilnehmenden aus allen Bezirken und aus der Nordbayerischen Bläserjugend mit auf den Weg. Ländner war für die Eröffnung und Begrüßung per Video zugeschaltet – er konnte aufgrund einer Erkrankung nicht persönlich vor Ort sein. Die Verbandsspitze und die Geschäftsstelle, so Ländner, bemühten sich nach Kräften, das »Schiff NBMB auf Kurs zu halten«. Dennoch seien Begegnung und Austausch noch nie so wichtig gewesen wie derzeit.

NBMB-Geschäftsführer Andreas Kleinhenz stellte zu Beginn des Kongresses die aktuelle Lage vor: Corona, so Kleinhenz, habe viel verändert, sei aber nicht für jedes Problem ursächlich. Vielmehr sei die Pandemie nur eine Art »Brandbeschleuniger« gewesen für Entwicklungen, die sich schon länger abgezeichnet hätten und die in der derzeitigen Ausprägung vielleicht erst in fünf oder zehn Jahren aufgetreten wären. »Von daher ist es eigentlich ganz gut, dass es jetzt geballt kommt. Denn schleichende Prozesse sind sehr gefährlich, wie man in anderen Bereichen sieht«, meinte Kleinhenz. Die zunehmende Mitgliederalterung der zurückliegenden Jahre sei anhand der Zahlen aus der Verwaltungssoftware gut nachvollziehbar: Zwar sei die Summe der aktiven Mitglieder in Ordnung, aber der Anteil an Jugendlichen nehme kontinuierlich ab, was Probleme für die Zukunft erwarten lasse. Führe man die Entwicklung der vergangenen vier Jahre linear fort, erreiche man etwa 2026 einen Gleichstand zwischen den Über- und Unter-27-Jährigen. Auf die Dauer könnte dieser Trend zu einer Überalterung der Blasmusikszene führen. Wenn dann die »Alten« eines Tages nicht mehr zur Verfügung stünden, stehe man irgendwann vor denselben Problemen wie beispielsweise das Chorwesen heute. Die NBMB-Vizepräsidenten Helmut Schörner und Thomas Kolb wandten ein, dass die Altersgruppe Ü27 nicht gleichzusetzen sei mit »alten« Musikerinnen und Musikern, sondern dass diese Gruppe eine breite Spanne von Altersgruppen beinhalte. Die Gesellschaft werde insgesamt immer älter, von daher müsse man eher stolz darauf sein, dass die Menschen so lange musizierten.

Vereine haben akute Probleme

Kleinhenz stellte klar, dass der Grund für den Kongress zahlreiche Anrufe seien, die die Geschäftsstelle derzeit erreichten und die sich allesamt mit dieser Problematik beschäftigten. Das Problem sei real und in den Vereinen akut, das zeige auch das Ergebnis einer Blitzumfrage, die der NBMB durchgeführt habe: 80 Prozent der 400 Rückmeldungen beklagten fehlenden Nachwuchs, 48 Prozent die geringe Vereinsbindung und Verlässlichkeit der Mitglieder und die hohe Fluktuation. 35 Prozent berichteten von merklichem Mitgliederschwund, auch das Fehlen von Dirigent:innen (19 Prozent) und Ausbilder:innen (35 Prozent) wurde gemeldet. All diese Pro­bleme führten zu Besetzungsproblemen, geringer Probenbeteiligung und in der Folge zu weniger ehrenamtlichem Engagement und sinkender Motivation bei denjenigen, die den Vereinen noch die Treue hielten.

»Nehmen wir das Problem ernst!«, mahnte Kleinhenz die Kongressteilnehmer:innen: »Die Frage lautet: Was können wir tun, um den Fortbestand der Vereine zu sichern?« Der Verband könne und werde keinen »Masterplan« veröffentlichen, sondern Pläne und Strategien müssten aus der Mitte des Verbands heraus entwickelt werden, und zwar auf Grundlage der Erfahrungen in den Bezirken und Kreisen.

Durch den Tag führte Moderatorin Birgit Dreßler, die klarstellte, dass sich der Tag für alle lohnen solle, jeder solle seine Meinungen und Anliegen kundtun und am Ende etwas Greifbares mitnehmen können. Zu diesem Zweck solle ein »Blick zurück« helfen, Erfahrungen zusammenzutragen und mit den aktuellen Strukturen des NBMB zusammenzubringen, um eventuelle Probleme aufzuzeigen. Der Nachmittag sei dann interaktiv und von einer Workshopphase und einer Ideenwerkstatt gekennzeichnet.

Ziel: Handeln auf Musikvereine vor Ort ausrichten

Im Verlauf des Vormittags wurde unter anderem die grundlegende Zielrichtung aller Aktivitäten des Nordbayerischen Musikbundes herausgearbeitet: »All unser Tun und Handeln muss sich auf die Musikvereine vor Ort ausrichten«, wie Andreas Kleinhenz erklärte. »Das müssen wir immer im Fokus haben!«

In diesem Zusammenhang bemängelte Norbert Henneberger, dass es in der Hie­rarchie zwischen Vereinen, Kreisen und Bezirken an vielen Stellen zwicke und zwacke, weil alles im Ehrenamt erledigt werden müsse. Er warf die Frage in den Raum, ob es tatsächlich alle diese ehrenamtlichen Strukturen noch brauche. Vielmehr müssten die Vereine von administrativen Aufgaben entlastet werden, denn sie wollten Hennebergers Ansicht nach »nur Musik machen!« Die Probleme wurden aber auch an anderen Stellen verortet. So habe sich die Kommunikation in den vergangenen 25 Jahren drastisch gewandelt. Heute müsse mehr im Fokus stehen, wie die Vereine untereinander kommunizieren können anstelle der Informationsweitergabe vom Verband über die Bezirke und Kreise an die Vereine weiter nachzuhängen, wie Hermann Seitz anmerkte. Roland Preußl von der Nordbayerischen Bläserjugend ergänzte, man müsse den Blick überhaupt mehr auf die Tätigkeiten der Menschen als auf die Ebenen richten. Eine hohe Fluktuation der Handelnden sei in der Bläserjugend früher schon ein Problem gewesen, heute komme diese Thematik auch im Erwachsenenverband an. Die Vizepräsidenten Thomas Kolb, Helmut Schörner und Gerhard Engel rührten derweil unisono die Trommel für die persönliche Kommunikation: Man müsse wieder mehr aufeinander zugehen und sich nicht hinter Datenbanken verkriechen. Nur im persönlichen Gespräch sei schließlich Begeisterung zu wecken.

NBMB ist bereits tätig

NBMB-Geschäftsführer Andreas Kleinhenz skizzierte zu Beginn der zweiten Tageshälfte die derzeitigen Tätigkeitsschwerpunkte des Verbands bzw. der Geschäftsstelle. Er stellte beispielsweise eine Imagekampagne vor, die derzeit in Arbeit ist und speziell die Blasmusik im Blick hat. »Wir erzählen mit dieser Imagekampagne Geschichten von Menschen«, erläuterte Kleinhenz. Das sei derzeit eine gängige Strategie im Marketing. Die Produktion sei im Gange, Anfang 2023 solle die Kampagne dann gestartet werden. Überhaupt sei die Sichtbarkeit der Blasmusik außerhalb der eigenen »Blase« eine der wichtigsten Aufgaben: »Wir müssen in die Familien reinkommen!«, formulierte Kleinhenz das Ziel, das über die Sozialen Medien am besten zu erreichen sei. Bei der Sichtbarkeit bzw. Erreichbarkeit und Auffindbarkeit der Vereine und ihrer Angebote helfe die Plattform www.blasmusik4u.de, die die Informationen aus der NBMB-Verwaltungssoftware beziehe. Hier gebe es also keinen Mehraufwand.

Gemeinsame Entwicklung von Ideen und Maßnahmen

Sechs gemischte Gruppen starteten in der anschließenden ersten Workshoprunde sofort mit teils kontroversen Diskussionen. Es wurde deutlich, dass in unterschiedlichen Regionen des Verbandsgebiets ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht werden. Entsprechend unterschiedlich waren die Ergebnisse, die in den einzelnen Gruppen erarbeitet wurden. Gefordert waren nämlich »Ideen zur Sicherung der Orchester vor Ort« zusammen mit Maßnahmen und den zugrundeliegenden Zielen, und zwar nach der Anweisung von Birgit Dreßler »noch ohne Machbarkeitsstudie. Lassen Sie einfach mal Kühe fliegen!«. Die Ergebnisse der Tischrunden wurden an Tafeln angebracht und konnten während der folgenden Kaffeepause besichtigt und diskutiert werden.

In der zweiten Arbeitsrunde fanden sich die Teilnehmer in Bezirks-Runden zusammen. Diese regional relativ einheitlichen Gruppen sollten nun ein bis zwei konkrete Vorhaben erarbeiten, die den heimischen Vereinen eine passgenaue Hilfestellung bieten sollen. Und wieder gingen die Kongressteilnehmer eifrig ans Werk, diskutierten, planten und notierten, bis Birgit Dreßler alle wieder zur Ergebnisvorstellung in die große Runde zurückholte.

Erwartungsgemäß unterschiedliche Ergebnisse

Erwartungsgemäß waren die Ergebnisse unterschiedlich, denn die Blaskapellen in den verschiedenen Regionen haben unterschiedliche Voraussetzungen und Bedürfnisse, wie bereits die vormittägliche »Bestandsaufnahme« gezeigt hatte. Die Bandbreite reichte von einem »Tag der Blasmusik« in Mittelfranken, an dem nach dem Willen der Planer »niemand an der Blasmusik vorbeikommen soll!« über eine angestrebte Kooperation mit Musikschulen in der Oberpfalz und einen »Werkzeugkasten« mit Tipps für Vereine in Unterfranken bis hin zum Projekt »Raus aus den Konzertsälen« der ersten oberfränkischen Projektgruppe – die oberfränkischen Teilnehmer:innen waren aufgrund ihrer großen Zahl in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Die zweite oberfränkische Gruppe möchte eine Art Regionalkonferenz veranstalten, um regionale Netzwerke wieder zu verbessern und die Kommunikation insgesamt zu fördern.

NBMB-Geschäftsführer Andreas Kleinhenz freute sich in seiner Zusammenfassung über den erfolgreichen Kongresstag. Es sei sehr erfreulich gewesen, dass so viel kommuniziert worden sei, denn genau das sei in den zurückliegenden Corona-Jahren viel zu kurz gekommen. In seinen Augen, so Kleinhenz, sei nicht nur der Nachmittag mit der konkreten Workshoparbeit sehr wichtig gewesen, sondern auch der Vormittag, an dem wieder einmal eine Fokussierung auf die Aufgaben des Verbands im Vordergrund gestanden habe. Kleinhenz versprach, dass alle Vorschläge und Anregungen weitergegeben und im Präsidium thematisiert würden.

Zu Beginn des Kongresses hatte Birgit Dreßler die Erwartungen der Teilnehmenden an den Workshoptag abgefragt. Die Teilnehmer:innen konnten dabei über eine Internet-Anwendung quasi in Echtzeit Stichworte an eine »Wortwolke« senden. Die meisten Nennungen bekamen die Stichworte »Zusammenarbeit«, »Zukunft« und »Austausch«. Im Rückblick wurden die Erwartungen der Teilnehmer:innen keinesfalls enttäuscht, denn diese Erwartungen wurden voll erfüllt. Am Ende des Kongresses stand noch einmal eine Abfrage: »Was war für mich heute eine wichtige Erkenntnis?« Die beiden prominentesten Antworten lauteten »Öffentlichkeit« und »Perspektive«. Der Kongress hat sich also offenbar wirklich gelohnt. Denn in Krisenzeiten neue Perspektiven zu gewinnen, ist schließlich immer ein guter Schritt.

Eine Frau steht vor einer Leinwand und erklärt etwas.
Die Coachin und Beraterin Birgit Dreßler führte durch den Tag.
Ein Mann steht vor einer Pinnwand und erklärt etwas.
Die verschiedenen Arbeitsgruppen präsentierten ihre Ideen.
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