Die meisten Musikerinnen und Musiker legen schon in jungen Jahren ihre D1-Prüfung ab, ca. 70 % der Absolventinnen und Absolventen sind zwischen 10 und 14 Jahren. Die D2- und D3-Prüfungen machen dann etwa die Hälfte der Teilnehmenden zwischen 15 und 17 Jahren. Doch wer denkt, D-Prüfungen sind nur etwas für die Jugend, der hat sich getäuscht. Erwachsene Musikerinnen und Musiker stellen sich diesen Prüfungen ebenso wie Kinder und Jugendliche und sind danach voller Stolz über ihre erbrachte Leistung und die Bestätigung durch die Prüfungskommission.
Für Marianne Kugler-Fritz stellte das Musikerleistungsabzeichen in Gold eine ganz „persönliche Challenge“ dar. Denn sie legte nicht wie der Durchschnitt ihre D3-Prüfung mit 19 Jahren ab. Marianne war bereits Mitte 60, als sie sich dieser ganz besonderen Herausforderung stellte – und die Prüfung bestand. „Ich habe 2002 zusammen mit meinen Kindern angefangen, ein Blasinstrument zu spielen, mit 42 Jahren. Ich musste meine Kinder ja sowieso zum Orchester fahren, habe privat Instrumentalunterricht genommen und habe mich dann auch einfach mit reingesetzt in die 'Juniorband' und mitgespielt, als einzige Erwachsene. Auch mein Mann hat privat Posaunenunterricht genommen und wir haben als Familie zusammen musiziert“, berichtet Marianne heute. Die D1- und D2-Prüfung hat sie dann gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Kindern absolviert. Es wurde zur „Familienveranstaltung“, gemeinsam die Lehrgänge zu besuchen. „Es war praktischer, bei den Lehrgängen selbst mitzumachen, als stundenlang auf die Kinder zu warten. Es war auch eine Motivation für die Kinder, dass auch die Eltern üben und sich anstrengen. Und es war uns auch klar, dass eine solide musikalische Ausbildung sowohl Theorie als auch Praxis braucht.“
Wie Marianne Kugler-Fritz gibt es viele Menschen, die sich im Erwachsenenalter noch einen Kindheitswunsch erfüllen und ihr „Trauminstrument“ erlernen. Musikvereine bieten hierfür ein breites Angebot, neben dem Einzelunterricht gibt es inzwischen vielerorts auch Erwachsenenbläserklassen, die einen Einstieg für Erwachsene erleichtern. Ein Instrument im Erwachsenenalter zu erlernen und in einer Gruppe mitzuspielen, das ist die eine Sache. Sich auf eine Prüfung vorzubereiten und sich vor einer Jury als Solist zu präsentieren, ist eine ganz andere Sache. Auch die Zahlen bestätigen das: Der Anteil der Ü18-Jährigen liegt bei der D1-Prüfung bei unter 12 %, mehr als die Hälfte davon ist Ü40. Bei der D2- (ca. 17 %) und D3-Prüfung (42,5%) nimmt der Anteil der Volljährigen deutlich zu, darunter auch weiterhin Teilnehmende Ü40: D2 (ca. 4,5 %) und D3 (ca. 3%).
„Die Spät- und Wiedereinsteiger aus unseren Vereinen wollen musizieren, sie wollen gemeinsam proben und schöne Musik machen. Dabei zu sein, ist ihr Erfolg. An einer Prüfung teilzunehmen, sich alleine vor einer Jury zu präsentieren, das ist eine Herausforderung, die sich viele nicht zutrauen. Wir als Verband bemühen uns darum, ihnen den Zugang zu erleichtern und ihnen die Angst vor so einer Prüfung zu nehmen. Denn häufig wird nicht gesehen, welches Potential eigentlich in den Prüfungen steckt“, erklärt Gerhard Cäsar von der Koordinierungsstelle für Inklusion und Seniorenarbeit des NBMB. Ein Musikerleistungsabzeichen sollte nicht mit einer klassischen Prüfung verglichen werden. Es geht nicht nur um die erbrachte Leistung in der Prüfungssituation. Vielmehr soll die Prüfung einen Ansporn darstellen, sich musikalisch weiterzuentwickeln und das eigene Können zu verbessern. In der Vorbereitung auf die Prüfung befasst man sich mit den Grundlagen am Instrument, wie Tonleitern und Etüden, der Musiktheorie und der Gehörbildung. Bei den Vorbereitungskursen durch den Verband bekommt man hierfür gute Impulse und Unterstützung. Aber auch Eigeninitiative ist gefragt – im Idealfall mit Unterstützung einer Lehrkraft. Auch Lerngruppen oder Lernpatenschaften mit erfahreneren Musikerinnen und Musikern können beispielsweise helfen, Musiktheorie und Gehörbildung zu üben.
Marianne Kugler-Fritz, die in der Stadtjugendkapelle Herzogenaurach und im Musikverein Eltersdorf im Orchester spielt, berichtet, dass sie sich mehrere Jahre nicht getraut habe, die D3-Prüfung abzulegen, weil sie sich musikalisch nicht fit gefühlt habe. „Ich habe Anfang letzten Jahres dann endlich gesagt, dass ich die D3 jetzt anpacken will. Und dann richtig geübt, Praxis, Theorie und Gehörbildung, und gemerkt, dass es mich musikalisch wirklich weiterbringt.“ Musikalische Grundlagen zu können, sie zu verstehen und zu verinnerlichen, hilft wiederum dabei, in allen Situationen auf einem ganz anderen Niveau zu musizieren. Das Verständnis für die Musik und die Harmonien ist vorhanden und auch bei neuen Stücken können vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten automatisch abgerufen werden und so an ganz anderen Stellen gearbeitet werden.
„Es kriegte dann eine Eigendynamik, und natürlich wollte ich auch zeigen, dass man mit 60+ nicht zwangsläufig zum musikalisch alten Eisen gehört“, erzählt Marianne Kugler-Fritz. Heute weiß sie, dass es sich gelohnt hat, denn die Prüfung hat ihr viel Selbstbewusstsein gegeben. Sie ist stolz, dass sie das als Erwachsene noch erreicht hat und möchte auch andere dazu ermutigen, diesen Weg zu gehen: „Es lohnt sich, sich reinzuhängen. Im großen Ensemble anspruchsvolle Musik zu machen, kann sehr erfüllend sein.“
Weitere Informationen zu den Musikerleistungsabzeichen des Nordbayerischen Musikbundes: https://nbmb.de/fortbildung-und-wettbewerbe/musikerleistungsabzeichen/uebersicht#c.
Aktuelle Termine zu den D-Prüfungen gibt es im Kurs-Finder (www.kurs-finder.de).